An Apples Putztuch und einem weiteren Beispiel lassen sich die Wirkungsweisen einiger bekannter Denkverzerrungen bzw. Denkfehlern (Biases) und deren Nutzen im Marketing (Behavior Pattern) aufzeigen.
Apples sündhaft teures Putztuch (25,00 EUR) war nach Erscheinen über Monate ausverkauft und wurde zu einem begehrten Sammlerobjekt und „Must-have“ unter Apple-Liebhabern. Warum?
Das Putztuch-Phänomen erinnert mich ein wenig an das ebenfalls skandalös teure DHL-T-Shirt des Modelabels Vetements aus dem Jahr 2016 für satte 250,00 EUR. Zum Vergleich: Das im Prinzip baugleiche Original-DHL-Shirt kostete damals im amerikanischen DHL-Onlinestore ca. 4 $. (hier gehts zum Artikel in der englischen Financial Times)
Im Fall des DHL-Shirts spielt v.a. das „Framing“ (siehe Framing-Artikel auf matter-of-design.com), neben sozialer Anerkennung (Social Desirability) und dem Bedürfnis nach Zugehörigkeit (Bandwagon Effect) eine große Rolle. Der Bandwagon Effect beschreibt die kognitive Verzerrung, dass Menschen eher geneigt sind, ein Produkt zu kaufen, wenn es andere ebenfalls bereits gekauft haben. Die Entscheidung für einen Kauf wird nicht anhand funktionaler Produkteigenschaften getroffen, sondern auf Grundlage der Produkt-Popularität in der Peergroup und der interindividuellen Wahrnehmung von Konformität und Zugehörigkeit zu dieser.
Neben den oben genannten Denkverzerrungen bedient sich Apples Putztuch zusätzlich dem Knappheitsprinzip (Scarcity) und dem In-Group-Bias. Die Knappheit wird gerne als Zeichen der Begehrenswertigkeit (Social Proof) gewertet. Der In-Group-Bias besagt, dass Menschen sich in sozialen Gruppen mit Gleichgesinnten sicherer und wohler fühlen. Die Meinung der Mitglieder der eigenen Gruppe werden ungeachtet von deren Wahrheitsgehalt und Kompetenz einzelner Personen höher bewertet als Meinungen von außerhalb. Dieses „Gruppendenken“ wird auch begleitet von einer tendenziellen Abgrenzung gegenüber anderen Gruppen (z. B. Benutzer von Microsoft Produkten). Es versteht sich also von selbst, dass man als Apple-Evangelist Besitzer des Putztuchs sein „muss“.
Bei beiden Produkten spielt auch die „Price-Quality-Illusion“ eine Rolle, ganz nach dem Motto „Was teuer ist, muss gut sein.“